Other Fiction Friedrich, Friedrich: Der Polizeityrann. V1 [German] 8.3.2024

[brucewelch]

"Der Polizeityrann und andere Erzählungen" versammelt 19 Werke von Friedrich Friedrich aus den Jahren 1859 bis 1883; in den Original-Drucken kommen da ca. 2300 Seiten zusammen.

Im Artikel von Franz Brümmer über den Autor (Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 49. Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 139–142) liest man u.a.:

"F. gehörte zu den gelesensten Erzählern seiner Zeit; denn er schrieb anregend und spannend; überdies behandelte er meist Fragen der Gegenwart und gebot über eine weitschauende Lebenserfahrung. Allerdings gehören seine Romane nicht zu den Werken ersten Ranges, indeß was er in ihnen bietet, hat einen guten Kern und dringt auf Klärung socialer Verhältnisse und Beseitigung gesellschaftlicher Schäden. … Die eigentliche Domäne Friedrich’s ist aber die Erzählung und besonders die Criminalnovelle. Hierin hat er die höchste Volksthümlichkeit erreicht; denn er sucht seine Stoffe bei dem Volke und führt sie dem Leser einfach und klar, ohne Wortprunk und gesuchte Effecte vor und bietet überall eine sittliche Idee als Grundlage."

Wer seine sozialgeschichtlichen Kenntnisse über die deutschen Lande im 19. Jh. sozusagen literarisch illustrieren möchte, ist mit der Lektüre dieser Sammlung bestens beraten. Friedrich scheut in seiner Schilderung vor heftigster Drastik nicht zurück; um die beliebte Wildschütz-Romantik auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen, eignet sich z.B. gut ein Blick in die Novelle "Die Wilddiebe": hier werden wir Zeuge, wie diese einen jungen Förster auf wahrhaft infernalische Art hinrichten. Zur Vermeidung des Kurzschlusses, dass der Autor dann eben nur ein staatsfrommer Fürstenknecht gewesen wäre, braucht man sich nur die Titelgeschichte anzuschauen, um zu erkennen, dass hier ein freiheitlicher Schriftsteller unentwegt für Rechtsgleichheit und Mitbestimmung eintritt. - Aber auch das Burleske ist ihm keineswegs fremd, wie in "Schlaue Leute", wo auch ein geldgieriger Vertreter der Kirche nicht von der satirischen Kritik ausgenommen wird. Einen anderen von dieser Sorte behandelt noch zugespitzter der Erbschafts-Krimi "Nur ein Diener". - "Die Macht der Bildung" hingegen führt kompromisslos vor, dass der Glaube an "das gute Blut" resp. die Gene ein Irrwahn und Sozialisation alles ist.

Das Cover zeigt Großalmerode mit seinem Markt, um 1850 (Gemälde von Ernst Metz), und verweist damit auf die Lebenswelt der allermeisten Deutschen um diese Zeit: die Provinz, die Kleinstadt, das Land; diese sind auch der Hintergrund der Geschichten von Fr. Friedrich, oft aber spielt sich vor der freundlich scheinenden Kulisse durchaus Abgründiges ab.

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