04-21-2016, 12:39 PM | #1 |
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Der deutsche Buchmarkt / Die deutsche Buchkultur [Sammelthread]
Man verzeihe mir den etwas großspurigen Threadtitel, aber es scheint mir, dass es hier bei MR zwar durchaus einige Nutzer gibt, die sich dafür interessieren, was hierzulande rund um’s Buch passiert, dass jedoch neue Threads häufig schnell versanden, da sie nur selten auftauchen und viele sie nicht oder zu spät entdecken.
Daher dieser Versuch: ein möglichst breit gefasstes Thema, unter das alles fallen kann, was sich innerhalb der (Sprach-)Grenzen in der Literatur, ihrer Produktion, Verwertung und Nutzung ereignet und kommentiert werden möchte, seien es Entwicklungen des Marktes, Vorstöße in’s Digitale, Preisverleihungen, rechtliche Fragen, neue Produktionsformen, Buchmessen oder was auch immer, also alles, was sich jenseits der Themen der diversen deutschen Unterforen bewegt, aber in der internationalen Abteilung deplatziert wäre. Den Anlass, diese schon ältere Idee endlich mal auszuprobieren, liefere ich gleich im nächsten Post nach. |
04-21-2016, 01:10 PM | #2 |
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Endlich ist es da, das Urteil, auf das ich mich schon so lange gefreut habe (denn einen anderen Ausgang habe ich mir nicht vorstellen können): Der Bundesgerichtshof hat es der VG Wort verboten, einfach die Hälfte der Einkünfte an Verlage auszuschütten, statt sie den Autoren zu geben, denen sie laut Urheberrecht zustehen.
»Verlage in Deutschland sollen keinen Ausgleich mehr erhalten, wenn ihre Werke privat vervielfältigt oder in sonstiger gesetzlich zulässiger Weise genutzt werden,« so der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des dt. Buchhandels (die ganze empörte Winselei findet sich hier). »Ihre Werke« – ist das nicht die ganz hohe Schule der Rhetorik resp. der Manipulation? Ich dachte immer, die Werke gehören den Autoren. Mein zweitliebster Satz: »Seit dem frühen 19. Jahrhundert sei es geltendes Recht gewesen, die Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften zwischen Verlagen und Autoren aufzuteilen, weil Verlage für ihre Leistungen honoriert werden müssen, argumentiert der Verband.« Bekommen die Verlage nicht Geld dafür, dass sie Bücher verkaufen? Und sehr gerne mag ich auch den Verweis auf Rechtsauffassungen des 19. Jahrhunderts, die werden ja derzeit auch in einem anderen gerade aktuellen Feujetonthema gern erwähnt. Ob man beim Börsenblatt eine solche Analogie begrüßt? Wer weiß das schon. Und was sagen die Autoren dazu? Ähem, schwer zu sagen, bislang findet sich nichts. Was vielleicht kein Wunder ist, hat sich doch die Gesellschaft, die sich für die Vertretung ihrer Interessen zuständig sieht – eben die VG Wort –, auf die Seite der Verlage geschlagen. Was zu einer weiteren Preziose führt, nämlich zu diesem Satz in der aktuellen Pressemitteilung: »Dessen ungeachtet zeigt sich bereits jetzt, dass eine angemessene Beteiligung von Urhebern und Verlagen an den Ausschüttungen der VG WORT nur möglich sein wird, wenn der Gesetzgeber schnellstmöglich tätig wird.« Da müssen nun Urheber endlich angemessen an den Ausschüttungen der VG Wort beteiligt werden, und ihre Interessenvertreterin behauptet das Gegenteil. Ich amüsiere mich köstlichst. Last edited by pynch; 04-21-2016 at 01:21 PM. |
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04-21-2016, 02:14 PM | #3 |
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Es zeigt leider, wie egal es den Autoren in Wirklichkeit ist. Oder wie wenig sie über das wissen, was immens wichtig für ihr Einkommen ist. Beides gleichermaßen verwunderlich.
Ich stelle mir immer mal wieder die Frage, ob es so etwas wie die "Die Autoren" eigentlich gibt. Oder sind es eher eine uneinige Ansammlung von Individuen, denen es egal ist, ob ihnen Gelder aus ihren eigenen Leistungen zusteht. So gesehen müsste mir mal ein Autor erklären, warum immer unisono im Zusammenspiel mit Amazon der "verarmte" Autor vor sich hergetragen wird und bei einer so wichtigen Angelegenheit nur das Schweigen der Menge zu hören ist. Die Praxis der Umverteilung zulasten der Autoren ist schon lange bekannt. Einer hat sich gewehrt und es bis zum BHG ausgetragen. Nur um dann zu erfahren, was im Gesetz steht, ist das Gesetz. Und nun, nachdem die einseitig bewährte Verteilungspraxis zwischen Interessenvertretern und den Verlagen vor dem aus steht, soll wieder das Gesetz mit Hilfe der Politik gebeugt werden. Am peinlichsten ist wohl, dass wahrscheinlich Amazon als der erklärte Feind von Autoren und Verlage indirekt mitverantwortlich ist und Autoren eine der Alternativen zu den eingetretenen Wegen der Publikation aufzeigt. Bin gespannt, was in der Begründung vom BGH steht. Offensichtlich scheint da schon jetzt so viel Ungemach enthalten zu sein, dass man schleunigst die Politik auf seine Seite ziehen will und muss. |
04-22-2016, 04:01 AM | #4 | |
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04-26-2016, 03:31 PM | #5 |
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Jaja, wenn einem die Felle davonschwimmen ...
In dem Gesamtzusammenhang fällt mir eine Frage ein, die ich immer schon mal stellen wollte: wie sehen denn die Rechte eines Verlages in der Regel aus? Weiss das jemand?
Scheinbar ist es nicht so, das ein Verlag in der Regel umfassende Vervielfältigungs und Vertriebsrechte erwirbt, ich hab eher den Eindruck, dass mit den Autoren lediglich eine Vereinbarung über eine bestimmte Auflage getroffen wird, wenn die abverkauft ist, dann ist eben Schluss. Eine neue Vereinbarung wird dann nur bei entsprechendem Erfolg des Werks angestrebt. Ich kenne so manche Publikation aus den letzten 10 bis 15 Jahren, die man für minimale Produktionskosten schon längst mit Erfolg hätte elektronisch vermarkten können, aber das geschieht offensichtlich nicht oder nur sehr schleppend. Oder die Bücher werden in einer "Neuübersetzung" von einem anderen Verlag herausgebracht. Also haben die Verlage vielleicht garnicht das Recht, beliebig viele Exemplare zu drucken und ggf. auch eletronisch zu verwerten? |
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04-27-2016, 03:20 AM | #6 |
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Theoretisch handelt es sich um Verträge, die individuell ausgehandelt werden können, so daß sehr vieles möglich und denkbar ist.
Ein Extrem dürften Veträge mit Book-on-Demand-Anbietern sein, bei denen es naturgemäß keine "Auflagen" in klassischem Sinne gibt, diese haben einfach eine Kündigungsfrist, fast wie ein Mobilfunkvertrag. Außerdem konnte ich schon mal Musterverträge mit kleinen Dissertationsverlagen sehen: Hier war es offenbar früher üblich zu vereinbaren, daß der Verlag sich verpflichtet, das Werk in üblicher Weise zu veröffentlichen, und wenn eine weitere, neue Auflage sich nach dessen Einschätzung nicht mehr lohnt, hatte der Autor das Recht, seine Verwertungsrechte wieder vom Verlag zurückzuerhalten. So ähnlich dürfte das auch bei größeren Verlagen aussehen, und nur bei den ganz großen Autoren lohnt es sich, quasi einen eigenen Rechtsanwalt darauf anzusetzen ;-) Die Verwertung als E-Book war in den "alten" Verträgen ganz sicher noch gar nicht berücksichtigt, das müßte ein Verlag also im allgemeinen separat mit dem jeweiligen Autor neu aushandeln. (Zumindest glaube ich, aus der Musikindustrie mal mitbekommen zu haben, daß dort pauschale Klauseln im Sinne von "Rechteübertragung für alle, auch zukünftige neue, Verwertungsformen" schon lange (nämlich im Zusammenhang mit der Einführung von CDs) als sittenwidrig eingestuft wurden.) Insofern dürften "alte" Autorenverträge aus der Zeit, bevor es E-Books gab, diese sehr wahrscheinlich nicht mit einschließen. |
04-27-2016, 05:20 AM | #7 |
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@Berti (Ist Det krank? Im Urlaub? Grüße!):
Ich weiß auch nix Genaues, aber warum wurde – falls tätsächlich nur Einzelvereinbarungen mit den Autorinnen und Autoren getroffen werden – die geplante Neuregelung, ihnen ein Rückholrecht nach fünf Jahren einzuräumen, so besonders laut von den Verlagen kritisiert (und inzwischen auf ich glaube 10 Jahre »entschärft«)? Oder sind in den Verträgen standardmäßig Verlängerungsoptionen enthalten, ohne dass sich die Verlage zu vergleichbaren Loyalitäten verpflichten? |
04-29-2016, 04:46 AM | #8 |
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Stichwort Bundestag, Buchpreisbindung und eBooks:
via Zeit via Buchmarkt und, natürlich via Börsenblatt |
04-29-2016, 08:26 AM | #9 |
Berti
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Hallo,
Danke. Ich denke, ich sollte mal konkretisieren, das sich meine Frage auf Vertträge bezog, die von den größeren Verlagen abgeschlossen wurden, bevor der Elektronische Markt "in Mode gekommen" ist. Ich hab mich schon mehrfach über die Nichtverfügbarkeit von Büchern geärgert, die in den letzten 10 - 15 Jahren erschienen sind und nur noch über den Sekundärmarkt zu beschaffen waren; teilweise zu recht astronomischen Preisen. Ich entnehme des Antworten, dass es wahrscheinlich immer eine irgendwie geartete Klausel gibt, bei der der Urheber das Verwertungsrecht zurückerhält und dass die Verbreitung auf anderen Medien in jedem Fall einer ausdrücklichen Zusatzvereinbarung bedarf. Naja, das erklärt das Phänomen. @Pynch: Det hat unbezahlten Sonderurlaub, und wenn Berti fertig ist, sind erstmal Anton oder Eddie dran ... |
04-29-2016, 08:50 AM | #10 | ||
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* Da jetzt auch unser Anwalt diesen Thread abonniert hat, kann man wild losspekulieren und einfach hoffen, dass er wilde Behauptungen ggf. richtigstellt. |
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04-29-2016, 11:12 AM | #11 | ||
Berti
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Mein Lieblinssatz aus den Links weiter oben, ist dieser hier Quote:
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04-29-2016, 12:00 PM | #12 |
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Soweit mich das betreffen sollte ... Nö. Da ich davon ohne Einarbeitung keine Ahnung hab, werd ich einfach mal die Klappe halten.
Last edited by beachwanderer; 04-29-2016 at 12:24 PM. |
04-29-2016, 12:39 PM | #13 |
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Wie, für diese schnöde Auskunft haben wir uns krummgelegt und dein Studium finanziert? Wie undankbar!
(Siehst du, geht schon los mit den wilden Behauptungen. Und keiner, der sie richtig stellt.) |
04-30-2016, 07:23 AM | #14 | |
Berti
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Wenn wir bw nun bitten, sein Studiengeld und das Diplom zurückzugeben, nur weil er zufälligerweise nicht über diese schon recht speziellen Kenntnisse verfügt, dann müssen wir ja künftig auf die anderen juristischen Tips verzichten. Und das war schade ... |
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05-03-2016, 05:00 AM | #15 | |
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Preisfrage an alle Haarspalter und Erbsenzähler: Sind die ePub- und Kindle-Ausgabe eines Romans dasselbe "Buch", was die Buchpreisbindung anbelangt? Oder gilt für Amazon dasselbe, was auch für Weltbild mit seinen eigenen Auflagen von Bestsellern gilt? :-P |
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