Der deutsche Buchmarkt / Die deutsche Buchkultur [Sammelthread]

[pynch]

Gute Artikel.

Was ich mich immer noch frage, ist, warum Autorinnen und Autoren nicht endlich auf die Idee kommen, massenhaft in den VG-Wort-Verein einzutreten. Es gibt zwar, laut Aussage von Martin Vogel, ca. 400.000 Wahrnehmungsberechtigte der VG Wort, aber im Verein, bei dessen Mitgliederversammlungen sie über alles mitentscheiden könnten, sind nur 350 Autor/-innen (Zahlen von 2013). Diese verlogen-romantische »Sozialpartnerschaft« von Verlagen und Autor/-innen ist doch ein schlechter Witz.

Vielleicht muss man sie mal zwingen, folgenden René-Pollesch-Stücktitel hundertmal an die Tafel zu schreiben:
»Heidi Hoh - die Interessen der Firma können nicht die Interessen sein, die Heidi Hoh hat«

[pynch]

Neues zum VG-Wort-Urteil: Der C.-H.-Beck.-Verlag zieht vor’s Bundesverfassungsgericht (mehr beim Börsenblatt).

Und immerhin ist dem Verlag aufgefallen, dass man, wenn man beim höchsten deutschen Gericht vorstellig wird und dort nicht ausgelacht werden möchte, auch ein Argument haben sollte (bislang beschränkten sich die Plädoyers ja auf »das haben wir aber immer so gemacht, menno«): Sie behaupten, dass das Urheberrechtsgesetz ohne Kompensation in das eigentumsrechtlich geschützte Verlagsrecht eingreife.

Hängen dann demnächst »Kopieren ist Diebstahl«-Plakate an Bibliotheken?

[doubleshuffle]

Interessant: anscheinend nennt man das in Verlagskreisen heutzutage eine "gesetzliche Lücke", wenn das Gesetz nicht das sagt, was man gerne hätte:

Parallel zur Verfassungsbeschwerde will der Börsenverein seine Anstrengungen auf politischer Ebene fortsetzen, um die gesetzliche Lücke auf nationaler und europäischer Ebene zu schließen.

Und was ist eigentlich eine "gesetzliche Lücke"? War "Gesetzeslücke" zu profan? was wäre eine ungesetzliche Lücke?

[pynch]

Originally Posted by doubleshuffle

Interessant: anscheinend nennt man das in Verlagskreisen heutzutage eine "gesetzliche Lücke", wenn das Gesetz nicht das sagt, was man gerne hätte:

Und was ist eigentlich eine "gesetzliche Lücke"? War "Gesetzeslücke" zu profan? was wäre eine ungesetzliche Lücke?

Das ist so ähnlich wie bei den »religiösen Gefühlen«: Die gibt’s auch nicht, aber wenn man den Begriff oft genug wiederholt, glauben die Leute plötzlich an die Existenz solcher »Gefühle« (selbst wenn sie die Gottes schon längst nicht mehr erwägen).

[Freeshadow]

Originally Posted by doubleshuffle

Interessant: anscheinend nennt man das in Verlagskreisen heutzutage eine "gesetzliche Lücke", wenn das Gesetz nicht das sagt, was man gerne hätte:
Und was ist eigentlich eine "gesetzliche Lücke"? War "Gesetzeslücke" zu profan? was wäre eine ungesetzliche Lücke?

Dabei wär' doch "Gesetzeslücke",
der man hier gern zu Leibe rücke;
der ius terminus technicus.

Doch mit Genauigkeit ist Schluss,
sobald der Schuh einen selber drückt,
den man so gern zu "Recht" gerückt.

Da sagt man lieber doch den And'ren
Justitia wär' mit'm falschen Fuß,
dies morgens aufgestanden.

[pynch]

Da haben die deutschen Autoren endlich mal auf mich gehört!

In einem sehr lustigen, weil blödsinnig polemischen Artikel in der FAZ steht, dass die Mitgliederzahl der VG Wort in den vergangenen Monaten auf etwa 700 (von vorher 350) gestiegen ist, wahrscheinlich alles Autorinnen und Autoren. Morgen findet die Mitgliederversammlung statt, die die Rückzahlung der rechtswidrig an Verlage ausgezahlten Entgelte regeln soll.

[Gudy]

Der Artikel ist wahrhaft goldig. Mir war gar nicht bewusst, dass neben Mutter Theresa und Johannes Paul II. auch sämtliche andere Heiligen der letzten Jahrhunderte in diesem zutiefst sozialen und gemeinnützigen Verein tätig waren, dem nun durch den Beelzebub der Garaus gemacht werden soll.

[doubleshuffle]

Betonung auf war - mich für ein Buch aus dem Kein & Aber Verlag interessierend, habe ich mich erinnert, dass die doch mal das Modell eingeführt hatten, wo man zum Kauf des Neubuches das eBook dazugeschenkt bekommt. Was ist da eigentlich draus geworden, fragte ich mich und fand auch die Antwort:

eBook inside Hinweis zur Gesetzesänderung ab 1.1.2016

Das Bundesfinanzministerium hat neue Regeln zur Besteuerung von Bundle-Produkten festgelegt. Der gefasste Entschluss tritt zum 1.1.2016 in Kraft, ab diesem Datum sind E-Book-Eindruck-Codes per Gesetz separat zu besteuern.

Für uns und unsere Bücher mit dem eBook inside stellt dies ein Hindernis dar. Dass unsere Leser ihre Lektüre jederzeit weiterverfolgen können, unabhängig vom Ort oder Medium, war unter anderem unser Beweggrund, uns für das mitgelieferte, kostenlose eBook zu entscheiden. Das Lesezeichen mit dem eBook-Code, welches wir ((vom Frühjahr 2013 bis Herbst 2014)) unseren Neuheiten beigelegt haben, war als Mehrwert für Sie gedacht.

Die vom Gesetzgeber geforderte, unterschiedliche Besteuerung der Inhalte, sieht ein eBook inside als Geschenk nicht mehr vor. Wird ein Buch nach dem Modell eBook inside – also mit eingedrucktem E-Book-Code für den identischen Text – vertrieben (Bundle-Angebot), so müssen beide Leistungen als eigenständig betrachtet und gesplittet besteuert werden.

((Dieses Modell muss über alle Handelsstufen hinweg bis zum Endverbraucher hin befolgt werden. Missachten Verlage und Handel diese gesetzlichen Vorgaben, besteht ein erhebliches Risiko, dass die von ihnen gewählte Berechnungsmethode bei Steuerprüfungen auf Widerspruch stößt und ihnen dadurch Umsatzsteuernachforderungen drohen.))

Für uns als Verlag bedeutet dies, dass wir den Service eBook inside, ab dem 1.1.2016 bedauerlicherweise nicht mehr weiter anbieten können und einstellen müssen.


Bei Fragen wenden Sie sich bitte an digital@keinundaber.ch • www.keinundaber.ch

Ein dreifach Hoch auf den weisen Gesetzgeber!

[hamlok]

Ich bin wirklich ohne Ahnung, aber warum ist das so schwer eine entsprechende Rechnung zu erstellen oder gibt das die Buchhaltungssoftware nicht her?

[pynch]

Ich vermute, dass dem eigentlich gratis beigegebenen E-Book ein eigener Wert zugewiesen muss und aus einem Bundle plötzlich zwei Artikel werden. Sowas durch die ganze Vertriebskette zu befolgen dürfte zusätzliche Kosten verursachen.

[doubleshuffle]

Ich denke, der Absatz in Klammern, wo es um das Risiko geht, benennt das Hauptroblem: Dem Verlag ist einfach die Unsicherheit zu groß, dass sich deutsche Steuerprüfer fantasievolle Schikanen ausdenken - eine nicht ganz unbegründete Sorge, möchte ich meinen...

[Gudy]

Originally Posted by pynch

Ich vermute, dass dem eigentlich gratis beigegebenen E-Book ein eigener Wert zugewiesen muss und aus einem Bundle plötzlich zwei Artikel werden. Sowas durch die ganze Vertriebskette zu befolgen dürfte zusätzliche Kosten verursachen.

Yup. Und neben dem in Klammern beschriebenen steuerrechtlichen/finanziellen Problem gibt es da noch die Buchpreisbindung für e-Books, wodurch vermutlich das beigegebene e-Book dann auch einzeln und über alle anderen Vertriebswege für denselben Preis verkauft werden muss.

[pynch]

Im Merkur findet sich eine schöne Kritik zum letzten Literarischen Quartett, das ich aus mir selbst nicht ganz nachvollziehbaren Gründen immer noch gucke. Ich glaube, ich möchte nicht verpassen, wenn der Weidermann dem Biller demnächst eine reinhaut.

[doubleshuffle]

Originally Posted by pynch

Im Merkur findet sich eine schöne Kritik zum letzten Literarischen Quartett, das ich aus mir selbst nicht ganz nachvollziehbaren Gründen immer noch gucke. Ich glaube, ich möchte nicht verpassen, wenn der Weidermann dem Biller demnächst eine reinhaut.

Noch nicht gelesen. Ich habe nur eine einzige Folge mal gekuckt (ich glaube sogar, nachdem wir hier drüber geredet hatten). Nach der habe ich mir gewünscht, dass der Biller Weidermann dem eine reinhaut. So, jetzt geh ich lesen.

[pynch]

Warum soll denn der Biller dem Weidermann eine reinhauen? Biller weiß sich doch mit Worten zu wehren.